DVZ 11.06.2015
Wessels legt Wert auf den Einsatz qualifizierter Fahrer. Sie müssen erkennen können, ob es sich beim Ladegut um Sortierreste oder Gewerbeabfall handelt.
Wessels Logistik hat sich auf Abfallentsorgung spezialisiert. „Wir holen beispielsweise Gelbe Säcke von Umschlagplätzen ab und bringen sie in Sortier- oder Wiederverwertungsanlagen“, sagt André Wessels, Geschäftsführer des inhabergeführten Transportdienstleisters mit Sitz in Rhede bei Bocholt. Das Unternehmen fährt außerdem Boden- und Bauschutt, Holz, Rest Abfall, Asbest oder Dämmmaterial. Wessels ist seit 1885 am Markt. „Wir haben als bahnamtliches Rollunternehmen angefangen, als am Niederrhein das Eisenbahnnetz ausgebaut worden ist“, fügt er hinzu.
In den 1970er und 1980er Jahren wurde zusätzlich zu den Bahntransporten der freie Stückgutverkehr als weiteres Standbein aufgebaut. Seit Ende der 1990er Jahre ist Wessels im Entsorgungsbereich tätig und bietet einen Containerdienst an. Der Transporteur stellt für Gewerbe- und Privatkunden 5 bis 10 m³ große Container für Haushaltsabfälle, Holz, Bauschutt oder Industrieabfälle auf.
In vierter Generation
Die Bahnverkehre wurden eingestellt, als die Deutsche Bahn die Bahnhöfe erst in Rhede, dann in Bocholt und schließlich in Wesel geschlossen hat. „Wir sind noch eine Weile nach Duisburg gefahren. Als aber DB Schenker den Stückgutverkehr mit der Bahn übernahm, haben wir aufgehört“, berichtet der 35-jährige Wessels, der das Unternehmen in vierter Generation leitet. Inzwischen beschäftigt der Mittelständler 120 Mitarbeiter, davon 87 Fahrer und neun Auszubildende.
Die 30 Entsorgungsfahrzeuge sind deutschlandweit im Fernverkehr unterwegs. Die LKW liefern beispielsweise Leichtverpackungen von den Sammelplätzen zu den Sortieranlagen. Dort nehmen sie neues Material wie Mischkunststoff oder Folien auf. „An keiner Stelle wird etwas vernichtet, immer entstehen neue Produkte. Wir laden also möglichst da neu, wo wir leer werden“, erläutert der Geschäftsführer. Mit der neuen Ladung gehe es dann zum nächsten Verwerter oder Aufbereiter, wo aus dem Material Granulate hergestellt oder Behälter gespritzt werden.
Mit besonderen Kunststoffen fährt Wessels auch in die Niederlande, wo es spezielle Weiterverarbeitungsanlagen gibt. Dort werden zum Beispiel Kunststoffbecher geschreddert und zu neuem Plastikgranulat verarbeitet. Bei Abfällen, die der Logistiker zur Verwertung über die Grenze bringt, müssen die Transporte in Deutschland und den Niederlanden angemeldet und von den Behörden genehmigt werden.
Die LKW müssen Fahrwegbestimmungen einhalten, das richtige Dokument mitführen und bei einer Kontrolle zeigen. Alle Fuhren müssen termingerecht abgewickelt und zwei Tage vor Beförderungsbeginn bei der Behörde angemeldet werden. „Die Anforderungen sind hier sehr hoch“, betont Wessels.
Als Gefahrgut braucht der Dienstleister seine Transporte jedoch nicht zu kennzeichnen. Zwar sei beispielsweise Asbest ein gefährlicher Abfall, der nicht mit Luft in Kontakt kommen soll und gut verpackt sein muss. Im Sinne der Gefahrgutverordnung Straße (GGVS) handele es sich aber nicht um Gefahrgut.
Die LKW sind Schubbodenfahrzeuge, deren Dach aus einer Plane besteht, die sich fürs Beladen mit Baggern oder Radladern aufrollen lässt. Die Seitenwände des Aufliegers sind aus Aluminium. Über den Schubboden entlädt sich das Fahrzeug innerhalb von 20 Minuten selbst. Der Fahrer drückt lediglich den Startknopf, kommt mit dem Abfall nicht in Kontakt.
Auf die Qualifizierung der Fahrer legt Wessels besonderen Wert. „Sie müssen schließlich erkennen können, ob es sich beim Ladegut um Sortierreste oder Gewerbeabfall handelt und ob es der Abfall ist, den sie abholen müssen“, erklärt der Geschäftsführer. Zudem müssen sie im grenzüberschreitenden Abfalltransport die Dokumente richtig ausfüllen können. Und: „Die Dokumentations vorschriften müssen eingehalten werden, sonst drohen hohe Bußgelder.“ Seit vier Jahren bildet das Unternehmen selbst Berufskraftfahrer aus.
Ganzjährig haushaltsnahe Abfälle
Eine Zeit lang galt das Geschäft mit Abfall als Wachstumsmarkt. Nach Angaben von Wessels stagniert es allerdings im Moment. Dennoch sei Wessels Logistik gut ausgelastet, da das Unternehmen haushaltsnahe Abfälle fährt, also Verpackungen aus dem Lebensmittelbereich, die das ganze Jahr über anfallen.
„Wir sind in den vergangenen Jahren dennoch stark gewachsen, weil wir die Transporte kontinuierlich verbessert haben“, sagt Wessels. Der Logistiker habe davon profitiert, dass die Sortieranlagenbetreiber, die Transporte an Fuhrunternehmen abgegeben haben. Wessels: „Sie haben gemerkt, dass Spediteure Input (Leichtverpackungen) mit Output (Kunststoffe, Folien, Sortierreste) besser vernetzen können.“ Zudem habe sich der Markt konsolidiert, kleinere Anlagen seien verschwunden. Regionale Entsorger könnten die Entfernungen nicht bewältigen.
Der Geschäftsführer versteht sich als Nischenanbieter, da nicht jeder über die Fahrzeuge für die speziellen Transporte verfüge. Dennoch habe der Wettbewerbsdruck zugenommen. Trotz weniger Sortieranlagen sei die Abfallmenge relativ konstant geblieben. Nach Ansicht von Wessels vernetzen die Wettbewerber ihre Transporte inzwischen besser. „Damit ist ein gewisser Preisdruck entstanden“, sagt er. Die Wessels-LKW sind die ganze Woche unterwegs und kehren erst zum Wochenende an den Firmensitz in Rhede zurück. Die Streckenabschnitte, die sie täglich zurücklegen liegen zwischen 150 und 300 km.
Das Unternehmen betreibt eine eigene Werkstatt, um die Fahrzeuge – vor allem die Auflieger – zu warten und zu pflegen. Bei Neufahrzeugen hat der Spediteur die Wartung an die Herstellerwerkstätten vergeben, weil inzwischen viel EDV-unterstützt erledigt wird und es für Wessels zu aufwendig wäre, die Mitarbeiter der Werkstatt ständig zu schulen.
Das Unternehmen hat im vergangenen Jahr zu dem 10.000 m² großen Firmengelände 12000 m² Fläche dazugekauft, die bislang vorrangig als LKW-Stellplatz genutzt wird. Auf dem Betriebsgelände befindet sich eine Waage, um das Gewicht der LKW prüfen zu können. „Eine Ladung gepresster Abfälle, die die Sortieranlagen als Ballen ausspucken, wiegt 24 t“, sagt der Geschäftsführer.
Außer Abfällen transportiert das Unternehmen im Nachtverkehr auch klassisches Stückgut und Paletten zu den Partnerdepots der Stückgut kooperation IDS. Wessels arbeitet dabei mit 20 LKW als Frachtführer für Kühne + Nagel. Die Disponenten des Logistikkonzerns teilen die Fahrzeuge komplett ein. „Wir sorgen nur dafür, dass die LKW an 24 Stunden an sechs Tagen mit Fahrern besetzt sind“, meint Wessels. Seine Flotte umfasst über 50 eigene Fahrzeuge.